Altstadt, Uraltstadt und Sanierung
Jennifer Petzold, 13. März 2022
Das pulsierende Herz der Stadt Heidelberg, die historische Altstadt, besticht durch ihren Bestand an einzigartigen Bauten und dem besonderen Zusammenklang aus Architektur und Landschaft. Auf mittelalterlichem Grundriss thronend, beherbergt die barocke Altstadt mit ihren Altbauten und verwunschenen schmalen Gassen, weltberühmte Sehenswürdigkeiten und bedeutende Baudenkmäler, die jährlich Millionen von Besucher:innen anziehen – Doch wie fügt sich das P12 in das Gesamtbild der Altstadt ein?

Die Altstadt
Gelegen am südlichen Ufer des Neckars, fungiert die Altstadt als Dreh- und Angelpunkt der Stadt Heidelberg. Die Struktur der Altstadt wurde im Mittelalter ausgebildet und im 16. und 17. Jahrhundert, nach der Zerstörung im pfälzischen Erbfolgekrieg in den Jahren 1689 und 1693, fortgeschrieben. Die gegebenen geographischen Bedingungen führten dazu, dass eine Umformung des Stadtgrundrisses im Sinne der barocken Vorliebe für Regelmaß und Repräsentation unmöglich war und keine Detailkorrekturen vorgenommen wurden. Die mittelalterliche Parzellierung blieb daher weitgehend erhalten und Neubauten wurden zumeist ohne größeren Aufwand errichtet.
Die Erhaltung und Pflege des vielfältigen Ensembles der Altstadt erweist sich bis heute als eine komplexe Gemeinschaftsaufgabe. Die Förderung bedarf öffentlicher Finanzmittel und wird von verschiedenen Institutionen, wie dem Amt für Baurecht und Denkmalschutz, dem Amt für Gewerbeaufsicht und Energie sowie den zuständigen Planern, kontrolliert und vorbereitet.
Die Uraltstadt
Die seit dem späten 12. Jahrhundert nachweisbare Uraltstadt oder Kernaltstadt, bildet den ältesten Teil der Stadt. Zwischen Universitätsplatz und Plankengasse beherbergt die Uraltstadt einige bedeutende private und öffentliche Bauten, wie die Alte Universität, das Rischerhaus, die Hofapotheke und das Karlstor. Daher stehen in diesem Bereich sämtliche Gebäude unter Denkmalschutz und werden unter Berücksichtigung der denkmalpflegerischen Maxime instand gehalten.

Entlang der Fußgängerstraßen (Haupt- und Untere Straße) finden sich architektonische Fixpunkte wie die von Kurfürst Karl Theodor erbaute Alte Brücke. Eines der wenigen Gebäude der Stadt, die den Erbfolgekrieg überstanden haben, ist das Hotel Zum Ritter St. Georg mit seiner prächtigen Renaissancefassade. Den Altstadtcharakter prägt der seit dem 13. Jahrhundert als Zentrum nachweisbare Marktplatz. Als einer der ältesten Plätze der Stadt beherbergt er im Osten das Rathaus, im Zentrum den Herkulesbrunnen und im Westen die Heiliggeistkirche.

Direkt an der Bergbahn und in unmittelbarer Schlossnähe befindet sich das öffentliche Parkhaus P12. Stilistisch versucht sich das Parkhaus an der Gestaltung der für das Gesamtbild prägenden Bürgerhäuser zu orientieren und sich somit dem Stadtbild zu fügen. Trotz der großen Bemühungen der Architekten während der Planungsphase das Bauwerk möglichst dem Altstadtcharakter und der Mannigfaltigkeit der Dachlandschaft anzupassen, wird die Ästhetik des P12 bis heute diskutiert. Gebäude wie das P12 mögen zwar aus der Masse hervorstechen und sich touristisch nur schwer vermarkten lassen, da sich für auf Postkarten gedruckte Parkhäuser bis jetzt noch kein Absatzmarkt gefunden hat, doch erinnern sie an die vielschichtige Komplexität des urbanen Raums und die Bedürfnisse der Menschen einer Stadt.
Die Altstadtsanierung
1972 startet der damalige Bürgermeister Reinhold Zundel die umfassende und höchst umstrittene Sanierung der Altstadt. Eine Vielzahl historischer Gebäude wurde abgerissen, für den Tourismus und somit für die Wirtschaftlichkeit der Stadt belangvollere Gebäude wurden jedoch kostspielig aufgearbeitet. Die Sanierung startet mit der Auslagerung des Verkehrs aus der Hauptstraße. Mit über 1,6 Kilometern Länge entsteht die längste Fußgängerzone Deutschlands. Die 1903 erbaute Stadthalle, die den Historismus mit Einflüssen des Jugendstils verbindet, eröffnet nach der Restaurierung 1979 als Kongresshaus.
Besonders in den 2000ern verändert die Stadt dann erneut ihr Gesicht: 2003 werden die Stadtteilgrenzen neu geordnet. 2008 trifft der Gemeinderat den Grundsatzbeschluss für das Projekt „Stadt an den Fluss“ inklusive Neckarufertunnel sowie der Neugestaltung der Neckarpromenade. Zwei Jahre später votiert ein Bürgerentscheid gegen den Ausbau der Stadthalle zum Kongresszentrum; es eröffnet „das Haus der Astronomie“ auf dem Königstuhl. 2012 feiert das Heidelberger Theater nach vierjähriger Planungs-, Sanierung- und Bauzeit seine Neueröffnung. Noch im selben Jahr eröffnet das Dokumentations- und Kulturzentrum deutscher Sinti und Roma als bedeutender Ort der Begegnung und des Dialogs mitten in der Heidelberger Altstadt. Es folgt die Aufbesserung der Hauptstraße mit der Sanierung des Pflasterbelags und der Installation neuer Lampen und Bänke. Auf dem Kornmarkt wird das Palais Graimberg 2014 schließlich nach knapp anderthalbjähriger Sanierung eingeweiht. Der Theaterplatz wird 2020 mit 170 Quadratmeter Pflanzfläche, einem runden Brunnen und zahlreichen Sitzmöglichkeiten bestückt.

Es zeigt sich, dass die Ziele einer Altstadtsanierung heute anders gelagert sind: Ein großzügiges Abreißen alter Bausubstanz zu Gunsten der Neuerrichtung einer historisch anmutenden Architektur findet nicht direkt Konsens (doch auch dafür finden sich Beispiele, man denke nur etwa an den Frankfurter Römerberg). Genauso wenig geht es um die Konservierung einzelner Objekte als steriles Erinnerungsgut, sondern auch um die Bewahrung als lebensfähiges Gefüge. Architektonisch zählen dazu mittlerweile auch die 1970er bis 1990er Jahre und damit auch ein Gebäude wie das P12. Die geschichtsträchtige Stadt wird als lebendiger Organismus begriffen und fortgeschrieben.
Literatur
- Riedl, Peter Anselm: Heidelberger Altstadt, in: Die Kunst unsere Städte zu erhalten, hrsg. vom Arbeitskreis Städtebauliche Denkmalpflege der Fritz Thyssen Stiftung. Stuttgart 1976.
- Riedl, Peter Anselm: Denkmalpflege als Gemeinschaftsaufgabe. Zum Problem der Regenerierung der Heidelberger Altstadt, in: Der Heidelberger Portländer, Nr. 3 Heidelberg (1971).
- Riedl, Peter Anselm: Heidelbergs Altstadt. Gestalt, profane Bauwerke, denkmalpflegerische Probleme, in: Heidelberg – Geschichte und Gestalt, hrsg. von Elmar Mittler. Heidelberg 1996.
- Decken-Sachs, Brita von der: Der Kornmarkt in Heidelberg (Veröffentlichungen zur Heidelberger Altstadt, 17). Heidelberg 1983.
- https://www.heidelberg.de/hd/HD/Leben/Altstadt+_+Chronik.html
- https://www.heidelberg.de/524693.html